Kernaussagen zur Nachbarschaftsarbeit vom Bundesvorstand Verband für sozial-kulturelle Arbeit (VskA)

Was eigentlich ist Stadtteilarbeit?

Der Vorstand des VskA gibt auf diese Fragen eine Antwort und beschreibt Aufgaben und Haltungen der Nachbarschaftsarbeit.

Stadtteilarbeit / Nachbarschaftsarbeit

Stadtteilarbeit ist gemeinwesenorientierte, zielgruppen- und bereichsübergreifende soziale Arbeit. Stadtteilarbeit trägt dazu bei, Lebensbedingungen so zu gestalten, dass Menschen entsprechend ihrer Bedürfnisse im Stadtteil zufrieden(er) leben können.

Stadtteilarbeit fördert Begegnung, Gemeinschaft und Selbsthilfe vor Ort.

Stadtteilarbeit richtet sich nach den Interessen und Wünschen der Bewohnerinnen und Bewohner. Sie organisiert kommunikationsfördernde, generationsübergreifende und integrierende Aktivitäten. Bedarfe von Gruppen, die häufig von Teilhabe ausgeschlossen sind, finden besondere Berücksichtigung. Soziale, kulturelle und gesundheitsfördernde Aktivitäten werden verknüpft. Hierfür stehen einladend gestaltete, gut erreichbare und barrierefreie Räume zur Verfügung.

Stadtteilarbeit bietet individuelle Hilfeleistung und Angebote der sozialen und kulturellen Daseinsvorsorge durch geeignete professionelle Unterstützung an oder vermittelt diese.

Stadtteilarbeit stärkt Demokratie, Toleranz und Vielfalt.

Durch die Stärkung von Toleranz und demokratischem Handeln sowie der Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen gibt Stadtteilarbeit wichtige Impulse undemokratischen, intoleranten und fremdenfeindlichen Positionen entgegenzutreten.

Stadtteilarbeit fördert Partizipation und bürgerschaftliches Engagement

Stadtteilarbeit ist ressourcenorientiert, arbeitet am Willen der Menschen entlang und wirkt aktivierend. Alle Aktivitäten sind freiwillig und laden zum verantwortlichen Mittun ein. Stadtteilarbeit fördert bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement im Stadtteil.

Stadtteilarbeit schafft Beteiligungsmöglichkeiten, unterstützt Partizipation und selbstorganisierte Initiativen, indem sie dialogische Prozesse zwischen den beteiligten Menschen und Institutionen organisiert.

Stadtteilarbeit schafft Netzwerke und koordiniert

Stadtteilarbeit bringt unverbundene Einrichtungen miteinander in Kontakt. Verschiedene Handlungsbereiche werden ressortübergreifend (Wohnen, Gesundheit, Jugend, Arbeit, Kultur, Soziales, Bildung etc.) integriert gedacht und fachübergreifende Zusammenarbeit verschiedener Professionen, Institutionen, Ämter gefördert. Durch Stadtteilarbeit verbinden sich stadtplanerische Aktivitäten und Aspekte der professionellen Sozialplanung mit den vielfältigen Aktivitäten der Bewohnerinnen und Bewohner.

Stadtteilarbeit fördert den Aufbau und die Weiterentwicklung von Netzwerken der Bewohnerinnen und Bewohner, der professionellen Akteure sowie übergreifender Netzwerke. Dabei ist auch gesamtkommunales Denken und Handeln gefragt, denn Stadtteilarbeit und die Entwicklungen im Stadtteil stehen in Bezug zu kommunalen, landesweiten, gesamtgesellschaftlichen und auch internationalen Entwicklungen.

VskA // Verband für sozial-kulturelle Arbeit, Januar 2018

Spielräume nutzen und gestalten: Interview mit Daniela Mauch, Geschäftsführerin K.I.O.S.K. im Rieselfeld e.V.

Foto: Lars Günnewig

 

„Spielräume aktiv selbst gestalten!“

K.I.O.S.K.-Geschäftsführerin Daniela Mauch über die Aufgaben der Quartiersarbeit in Zeiten des Wandels

Was ist die Aufgabe von Quartiersarbeit?
Daniela Mauch: Quartiersarbeit greift die Themen auf, die von Bewohner*innen und Akteuren im Stadtteil als wichtig erachtet werden. Sie ermutigt und unterstützt die Menschen, ihre Angelegenheiten einzubringen und Spielräume aktiv selbst zu gestalten. Hier im Rieselfeld leisten wir momentan Unterstützungsmanagement für über 160 Ehrenamtliche in 16 K.I.O.S.K.-Gruppen. Im besten Falle ist Quartiersarbeit so etwas wie Gesellschaftsbildung, manchmal auch politische Bildung, die Vermittlung von demokratischen Werten.

Wie siehst du deine eigene Rolle dabei?
DM: Ich bin ein Mensch, der gerne das große Ganze im Blick hat und Ideen spinnt, wie Menschen miteinander unsere Gesellschaft ein bisschen besser machen könnten. Ich höre hier und da, in Gesprächen mit Bewohner*innen, in Gesprächen mit anderen Akteuren der Institutionen und Vereine im Rieselfeld, wo sich ein Bedarf entwickelt, wo Bereitschaft zu Kooperation ist. Durch diese Gespräche nehme ich früh wahr, wo sich bislang unbearbeitete Felder auftun oder Notwendigkeiten entstanden sind. Dann ist es meine Aufgabe, mit unseren Mitarbeiter*innen in der Quartiersarbeit, aber auch in der Jugendarbeit und mit den engagierten Ehrenamtlichen, diese Themen anzusprechen, um sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen. Mir ist es wichtig Menschen miteinander zu vernetzen und zu ermutigen, um neue Ideen auf den Weg zu bringen. Quartiersarbeit kann Türen öffnen, hindurchgehen müssen die Akteure selbst. Wir sind Geburtshelfer und unterstützen, wo Unterstützung beim Großwerden gebraucht wird. Es ist mir ein grundliegendes Bedürfnis, Menschen zusammenzubringen. Dadurch stärken sie sich gegenseitig und wachsen selbst dabei – oft auch über sich hinaus. Das nährt die Menschen, und bringt ihnen Anerkennung im Gemeinwesen.

Wie ist der aktuelle Stand der Quartiersarbeit im Rieselfeld?
DM: Wir erleben momentan eine Zäsur, nicht nur durch die Diskussionen um die Zukunft der Quartiersarbeit in Freiburg. Einige langjährig tätige Mitarbeiter*innen des K.I.O.S.K. – wie Clemens Back und Birgit Hipp – haben wir 2017 verabschiedet, mehrere Ehrenamtliche können sich, nach langjährigem Engagement in der Aufbauphase des Stadtteiltreffs, nun nicht mehr so einbringen und verabschieden sich ebenfalls. Das ist immer traurig, verunsichert erstmal. Doch aus solchen – von manchen als chaotisch empfundenen – Situationen, entstehen Freiräume. Diese bergen die große Chance einer Neuorientierung und eines Kulturwandels. Vor kurzem habe ich eine Postkarte entdeckt: „ich bin nicht planlos, sondern ergebnisoffen“ stand darauf. Vielleicht ist es ja in dieser Phase des Wandels wichtig: wieder ergebnisoffen zu werden.

Worin besteht diese Chance?
DM: Die Ära der „Pioniere“ geht zu Ende, die nächste Generation ist herangewachsen. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen und ihnen die großartigen Mitmachmöglichkeiten des Stadtteils und dieses Hauses klarzumachen. Durch die gemeinsame Trägerschaft vieler Aufgabenfelder in einem Verein (Jugendarbeit, Schulsozialarbeit, Quartiersarbeit, ÄwiR, Glashaus) entstehen alltägliche Synergien, eine bessere Vernetzung. Der ehrenamtliche Vorstand, die Mitarbeiter*innen sehen nicht nur ihre Zielgruppe, sondern immer auch die anderen Bereiche, das große Ganze. Durch die Verknüpfung der Jugendarbeit bei KjK mit der Schulsozialarbeit im Kepler-Gymnasium, deren Träger K.I.O.S.K. seit eineinhalb Jahren ist, und durch die Flüchtlings-Initiativen DIEFI & IDA, die wir seit Sommer 2014 begleiten, haben sich neue Möglichkeiten in der Stadtteilentwicklung ergeben.

Wie meinst du das? Weiß nicht jede und jeder im Rieselfeld, was im Glashaus passiert?
DM: Genau das ist der Punkt! Sicher wissen viele, was hier „passiert“, aber wir haben den Eindruck, dass das Glashaus als „Serviceagentur“ oder „Ortsverwaltung“ wahrgenommen wird, und weniger als Mitmachhaus. Das Glashaus ist im besten Sinne ein Spielraum, den die Rieselfelder*innen selbst gestalten können – und zwar alle Bewohner*innen, egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts oder Alters. Wir begreifen die heterogene Altersstruktur im Rieselfeld als absolute Bereicherung für eine generationenübergreifende Beteiligung aller Bewohner*innen.

Ihr wollt eure Arbeit künftig auch außerhalb des Stadtteiltreffs Glashaus anbieten?
DM: Na, eigentlich haben wir dies immer schon gewollt, doch die Organisation der Aktivitäten im Glashaus benötigt ebenfalls eine verbindliche Präsenz vor Ort. Inzwischen ist vieles eingespielt, viele Gruppen agieren selbstorganisiert. In Carla Schönhuth haben wir als Nachfolgerin von Clemens Back eine junge Mitarbeiterin gefunden, die sich speziell um die Aktivierung der zweiten Rieselfelder Generation kümmern wird. Hier sehen wir dezentrale Quartiersarbeit, Präsenz auf den Plätzen und an den Alltagsorten der Menschen als eine mögliche Maßnahme. Eine wesentliche Aufgabe von Quartiersarbeit besteht darin, die Ressourcen der Menschen vor Ort zu erkennen und zu nutzen. Neue Formate wie „Das Fest der Nachbarn“ oder „MittwochsMiteinander“ * (mehr hierzu weiter unten) sind Vorboten eines wichtigen neuen Schwerpunkts unserer Arbeit.

Stell‘ dir vor, die berühmte gute Fee erfüllt dir drei Wünsche. Welche wären das?
DM: Ich wünsche mir, dass es uns Akteuren im Rieselfeld gelingt, die Potenziale von möglichst vielen Menschen im Stadtteil zu aktivieren. Ich würde mir wünschen, dass unterschiedlichste Menschen diesen wunderbaren Stadtteil mitgestalten und sich selbst dafür einsetzen, dass es ein Wohlfühl-Stadtteil bleibt. Und natürlich würde ich mir wünschen, dass die Engagierten und Mitarbeiter*innen mit ihren vielfältigen Fähigkeiten weiterhin K.I.O.S.K. und das Rieselfeld gestalten.

Das Interview führte Sigrid Hofmaier.

Daniela Mauch
ist seit 17 Jahren hauptamtliche Geschäftsführerin des Trägervereins der Quartiersarbeit im K.I.O.S.K. e.V. Mit Prof. Konrad Maier und mit Clemens Back war sie eine treibende Kraft im Modellprojekt Quartiersaufbau Rieselfeld. Die Entwicklung des Trägervereines und Vorstandes von K.I.O.S.K. wurde von ihr maßgeblich mitgestaltet. Sie lebt mit ihrer Familie in Weingarten, und studiert gerade berufsbegleitend Supervision und Coaching an der Evangelischen Hochschule in Freiburg.

Kontakt:
Tel. 0761 – 767 95 61
E-Mail: kiosk.leitung@rieselfeld.org

 

MittwochsMiteinander: einfach mal machen!

2018 starten wir ein Experiment: Beim Projekt “MitwochsMiteinander” (MiMi) können sich ganz unterschiedliche Akteure/Gruppen/Bewohner*innen zusammenfinden und gemeinsam” einen Ferienmittwoch gestalten – für sich und andere. So werden Spielräume genutzt, gestaltet und das Stadtteilleben wird bunter.
Wer Interesse hat mitzuwirken, meldet sich einfach bei Stadtteilarbeit@rieselfeld.org oder Daniela Mauch.