20 Jahre Glashaus – 20 Jahre Engagement – 20 Jahre Miteinander
„Einfach machen“ – das ist der bewährte „Markenkern“ des Stadtteiltreffs Glashaus im Rieselfeld. Seit Einweihung im Oktober 2003 können sich Einzelpersonen und Gruppen im Zentrum des Stadtteils engagieren, können eigene Angebote machen, an diesen teilnehmen, neue Formate kreieren, feiern und die Räume auch privat mieten. Zum 20-jährigen Jubiläum gab es folgerichtig im Oktober 2023 ein ganzes Wochenende lang etliche Angebote zum Kennenlernen und Mitmachen.
Großen Anklang fand bereits der Eröffnungsnachmittag und -abend am Freitag, 20. Oktober, an dem bei bestem Herbstwetter die Kinder mit dem Spielmobil, der Apfelsaftpresse und Stockbrotbacken auf dem Maria-von-Rudloff-Platz und die Jugendlichen beim Offenen Treff in den Räumen von KjK (Kinder und Jugend im KIOSK e.V.) ihren Spaß hatten. Am Freitagabend zogen die parallel stattfindende „Kneipe“ und die Kurzfilme der Pionier*innen vom FilmClub ein großes Publikum an.
Der offizielle Festakt am Samstagvormittag fand im vollbesetzten Saal statt. Neben etlichen Akteur*innen aus dem Stadtteil, gaben sich auch Oberbürgermeister Martin Horn, Vertreter*innen der Stadtverwaltung und Mitglieder des Freiburger Gemeinderats die Ehre. In ihren einführenden Worten machte die KIOSK-Geschäftsführerin Daniela Mauch zusammen mit Sandra Haußecker und Esther Kuschke-Roesch von der Mediothek der Stadtbibliothek Freiburg auf die großartigen Möglichkeiten der Kooperationen im Stadtteiltreff aufmerksam. Stolz sei man, „weil es nicht selbstverständlich ist, dass die Kommune einem neuen Stadtteil ein derartig komplexes Gebäude zur bürgerschaftlichen Nutzung zur Verfügung stellt“. Auch dass Menschen über so lange Zeit mitwirken und es gelinge, immer wieder neue Menschen in die bestehenden Strukturen zu integrieren und Gruppen für alle Altersstufen entstehen zu lassen, sei nicht selbstverständlich. Daran hätten etliche Akteur*innen in der Quartiersarbeit, in der Jugendarbeit, im Café und in der Verwaltung einen großen Anteil. So sei über die Jahre eine Glashaus-Community gewachsen, die für ein Miteinander der besonderen Art unter der Leitung eines agilen Teams aus Hauptamtlichen und Vereinsvorstand aus dem eigenen Stadtteil stehe. Das Fundament aus Diversität und Gemeinschaft, Kommunikation und Medien, Bildung und Information, Kultur und Kunst habe sich im „Drinnen & Draußen“ des Glashauses bewährt. Die Aufgabe des beliebten Mittagstischs im Café, die Folgen der einschneidenden Brandschutzauflagen und die Pandemie hätten zwar Wunden geschlagen, das Haus aber nicht funktionsunfähig gemacht. Für die Zukunft wünsche man sich zusätzliches Personal für den Support von Ehrenamtlichen mit höherem Unterstützungsbedarf, eine barrierefreie Raumgestaltung und ein gesünderes Raumklima bei steigenden Temperaturen im Glaskasten. Diverse Renovierungs- und Ausbesserungsarbeiten stehen bei der Jugendarbeit im Tiefhof an, die Mediothek möchte zu „einem zweiten Wohnzimmer“ werden und mit „tollen Events und Partner*innen“ noch mehr Kinder und Jugendlichen die Lust am Lesen vermitteln.
„Sie sind sehr gut aufgestellt für die Zukunft!“
Oberbürgermeister Martin Horn wies in seiner Rede auf die Wichtigkeit der direkten, persönlichen Begegnung der Menschen – gerade in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen, in die zwei Partnerstädte Freiburgs involviert sind – hin: „Sie hier vor Ort können selbst entscheiden, wie Sie das Leben gestalten wollen.“ Die „integrative Zusammenarbeit“ könne verhindern, dass die Spaltung der Gesellschaft voranschreite. Indem man sich mit seinem Engagement einbringe, könne man voneinander lernen und so das nachbarschaftliche Miteinander stärken. „Sie sind sehr gut aufgestellt für die Zukunft“, freute sich der OB, der zum feierlichen Anlass auch 200 Euro als Beitrag für den Ersatz der gealterten Kaffeemaschine im Café im Glashaus überreichte.
Was braucht ein Nachbarschaftsort der Zukunft?
Im lebhaften Gespräch mit Professor Dr. Hartmut Fünfgeld gingen die KIOSK-Vorstandsmitglieder Lena Hummel und Dirk Niethammer auf die enormen Potenziale des Stadtteilzentrums ein. Der Professor für Geographie des Globalen Wandels am Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg lobte das Glashaus als „relationalen Raum“, in dem gleich vom ersten Moment an „der Funke überspringe“. Ein Funke, aus dem ein lebendiges Feuer der Nachbarschaftsarbeit entstehen könne. Eines der wichtigsten Elemente der Begegnung als Voraussetzung für funktionierende Beziehungen sei der Raum. Der konkrete, umbaute Raum des Stadtteilzentrums spiele hier ebenso eine Rolle wie der „Möglichkeitsraum“: Indem die Aktivitäten in den Stadtteil hinaus erweitert würden, könne Quartiersarbeit auch für jene erfahrbar werden, die noch keinen Weg ins Glashaus gefunden hätten. Als Anregung für eine stärkere Beteiligung dieser Bewohnerinnen und Bewohner entwickelten die Anwesenden in einer kurzen „Murmelrunde“ zu den Fragen „Wie kann sozialer Zusammenhalt und Nachbarschaftsgefühl in einem Ort wie dem Glashaus erlebbar(er) werden? Woran würden Sie persönlich dies spüren/merken?“ unter anderem die Idee dezentraler Begegnungs- und Informationsorte. Beispielsweise würde sich der Geschwister-Scholl-Platz gut für die Installation einer Tafel mit Infos zu Aktivitäten im Glashaus eignen.
„Es braucht Erneuerung!“
Sinnvoll ist es, Anlässe für die zwanglose Begegnung mit unterschiedlichen Milieus im Stadtteil zu schaffen und damit die „eigene Blase“ zu verlassen. Die Niederschwelligkeit der zunehmend wahrgenommenen Angebote, wie beispielsweise Glashaus-Hock und Kneipe, könne den Zusammenhalt fördern. Hartmut Fünfgelds Appell an die Akteur*innen lautet: „Es braucht Erneuerung!“ Dass diese in kleinen Schritten verlaufe, sei selbstverständlich, doch solle man das große Ziel nicht aus den Augen verlieren: eine Transformation, die möglichst viele Menschen mitnimmt und sie die Chancen der Veränderung erleben lässt.
Die Flötengruppe „Tutti Flauti“ trug mit ihrem Geburtstagsständchen vielstimmig zur guten Atmosphäre dieser kurzweiligen Feierstunde bei, die in ein gemeinsames Mittagessen, zubereitet von Ehrenamtlichen der Gruppe „ÄwiR – Älter werden im Rieselfeld“ mit lebhaftem Austausch im Foyer des Glashauses und auf dem Maria-von-Rudloff-Platz mündete.
Anschließend boten die im Glashaus präsenten Gruppen am Samstag und Sonntag ein Feuerwerk ihrer Aktivitäten zum Zuschauen und Mitmachen: Vom Schachturnier über eine Doppel-Disco bis zum Nähtreff und Aktionen in der Mediothek war das Glashaus stets mit fröhlichen Menschen aus dem Stadtteil gefüllt. Am Sonntagvormittag bot der Familienbrunch im Saal eine gute Gelegenheit zum Kennenlernen.
Ein großes Dankeschön sprachen die Hauptamtlichen von KIOSK e.V. den früheren und aktuellen Gemeinderät*innen für ihr Interesse und die Unterstützung in Haushaltverhandlungen zugunsten eines offenen Hauses und die Qualifizierung von Ehrenamtlichen aus. Auch den städtischen Mitarbeiter*innen im Gebäudemanagement, im Kommunalen Quartiersmanagement, den Handwerker*innen und Lieferant*innen wurden Worte des Dankes für Organisation, Vermittlung und Koordination zuteil.
Ein besonderer Dank gilt allen, die das Jubiläums-Wochenende zu einem rundum gelungenen Erlebnis machten!
Text & Fotos: Sigrid Hofmaier