„Zuhause im Rieselfeld“: 3. Rieselfelder Frühschoppen

In der Herbstausgabe des 14magazin, einer Zeitschrift für eine eher junge und hippe Freiburger Leserschaft, findet man im Artikel „Mein Block: Rieselfeld“ diese Beschreibung:

„Die Fahrt dorthin ist also immer auch ein Hinabsacken, ein leichtes Absumpfen in eine Welt, die sich sehr von der Freiburger Innenstadt unterscheidet und diese durch ihren Schattenwurf von Westen her eher vom Funkeln abhält, als sie darin zu bestärken. Es ist eng, es ist zugebaut, es ist weit weg: Es ist schon ein bisschen wie in Berlin.“

Da war es also wieder, das nicht immer geliebte, manchmal hässliche Antlitz des jungen Stadtteils, der, immerhin schon fast 20 Jahre alt, auch heute noch mit seinem Erbe als Sumpf und Versickerungsgrube hadert. Und dennoch gleichzeitig die nicht so ganz greifbare coole Aura eine Berliner Kiezes hat. Oder etwa nicht?

Rieselfelder FrühschoppenUm diesem Mythos auf den Grund zu gehen, fand am 8. November der 3. Rieselfelder Frühschoppen zum Thema „Zuhause im Rieselfeld“ statt. Von Pionieren des Stadtteils über Zugezogene und auch Weggezogene waren alle Gruppen vorhanden. MigrantInnen aus In- und Ausland, die hier ihren Fußabdruck hinterlassen haben und ebenso vom Rieselfeld geprägt wurden. Für alle passend schwebte der früh ausgesprochener Satz über der Veranstaltung: „Irgendwie bleibt man immer Rieselfelder.“

Das Moderatorenteam Selma Nabulsi (17 Jahre) und Harald Kiefer (lebt seit fast 17 Jahren im Rieselfeld) führte die Diskutierenden durch Themen wie Nachbarschaft, Kommunikation im Stadtteil und Heimat. Einige Aspekte waren zu erwarten, sind aber durchaus wert, festgehalten zu werden: Wer im Rieselfeld auf die Straße geht, muss Zeit mitbringen. Dabei muss das soziale Netzwerk gar nicht aus der unmittelbaren Nachbarschaft sein („Stinkstiefel gehören dazu“). Freunde und Bekanntschaften im Rieselfeld finden sich quer über den Stadtteil verteilt und an vielen verschiedenen Treffpunkten, ganz so wie in einem Dorf innerhalb der Stadt.

Was das Rieselfeld darüber hinaus als besondere Heimat auszeichnet, sind die vielen verschiedenen Menschen, die aus allen Ecken Deutschlands und der Welt hierher gekommen sind – oft ganz bewusst und gezielt in diesen Stadtteil. Dies bringt unweigerlich eine Offenheit für Neues mit sich, die sich in der großen Bereitschaft zum gesellschaftlichen Engagement zeigt und die das Rieselfeld letzten Endes von anderen Stadtteilen mit Dorfkern unterscheidet.

Zu einem ausgewogenen Blick auf das „Zuhause Rieselfeld“ gehören aber genauso die kritischen Stimmen, die auch bei diesem Stammtisch zu Wort kamen: So tauchte mehrfach die Frage auf, an welcher Stelle sich denn auch Jüngere aktiv am Stadtteilleben beteiligen. Wenn der Pioniergeist so langsam in die Jahre kommt, brauche das Rieselfeld frischen Wind und neue Ideen. Weiterer Punkte sind die Integration, die Inklusion und das Miteinander der verschiedenen Gruppen im kulturell und sozial wohl heterogensten Stadtteil Freiburgs. Besonders, wenn man die Neubürger zum Beispiel im Dietenbach, der Waltershofener Straße und demnächst auch auf dem Mundenhof bedenkt. All dies sind offene Themen, zu denen sich die BewohnerInnen des Rieselfeld etwas einfallen lassen müssen, um nicht doch zu versumpfen. Wie das Wochenende mit dem lebendigen Suppenfest und dem reflektierten Frühschoppen aber zeigte, ist es eher eine Frage des Wie, als des Ob.